21.10.17

Sabine denkt

Es ist Oktober und von der anfänglichen Euphorie ist nicht viel übrig geblieben. In Wahrheit hab ich den Gedanken mehr oder weniger erfolgreich verdrängt, meine Ernährung zu verändern.
Erst vor kurzem ist der Funke wieder aufgeglüht. Ich denke ständig nach. Vor allem denke ich drüber nach, warum sich mein Hirnschalter partou nicht umschalten will. Ich weiß ja, es geht erst los, wenn mein Hirn begriffen hat, dass es losgehen muss. Das Gefühl kenn ich, es war schon öfter so.
Letztes Mal ging ich zu den Weight Watchers, aber nach 10 kg minus war Schluss, nichts ging mehr.
Einmal, als ich noch gaanz jung war, wurde ich eine smallerbine. Es waren noch keine Kinder in Sicht und da hab ich 30 kg abgenommen. War so stolz. Und dann bin ich schwanger geworden.
Ende Gelände.
Jetzt ist da Gloria. Sie ist hochmotiviert und nimmt an einem Abnehmprogramm teil, das Frau Dr. S vorgeschlagen hat. Da gibts 3 Monate nur Shakes und man wird übers Jahr komplett betreut. Tolle Sache, aber 1. kann ich mir nicht vorstellen, 3 Monate lang nur Shakes zu trinken und 2. kann ich es mir nicht leisten. Der Spaß kostet nämlich gut 3000€ im Ganzen.
Aber sie hält mich auf dem Laufenden.
Gloria hat mir ins Gewissen geredet und mir diesen Floh ins Ohr gesetzt. Ihr Start ist am 09.11., das wär doch ein schönes Datum, ein offizielles Datum, um parallel meine eigene Abnehmerei zu starten.

Was ist so schwierig?
Es ist ja nicht nur der Verzicht aufs Essen, es steckt ja ein System dahinter. Auf die Frage, warum mein Hirnschalter klemmt meinte Tochter, dass ich meine ganze Konzentration auf die Schmerzen lenke, die mich tagtäglich begleiten und immer mürber machen. Nachdem ich mich den ganzen Tag durch Arbeit, Stress und Schmerzen kämpfe, kommt Abends der Gedanke des Belohnens auf, des Gönnens. Ich belohne mich dafür, dass ich den Tag gemeistert habe und gönne mir Chips und Schoki.
Essen als Trost und als Belohnung.
Und da beginnt mein persönlicher Teufelskreis:

Schmerzen im ganzen Körper, vor allem im Fußgelenk > Belastung, Leiden, Verzweiflung > belohnen für das Durchhalten und tapfer sein > Belohnung macht dick > viel Gewicht macht viel Belastung auf Fußgelenke > Schmerzen und Verzweiflung > Belohnung > Gewicht > Belastung > Schmerz ... und so weiter und so weiter.

Schritt 1: Problem erkennen  CHECK!
Schritt 2: Problem angreifen ....

Da kommen dann noch die alten Bekannten ins Spiel:
Frau Trägheit, Herr Faulheit, Frl, Bequem und Mr. Hosevoll. Angeführt vom Gruppenleiter Inkonsequenz. Die Arschloch-Gruppe.

Jetzt die Masterfrage: wie komme ich aus dem Gruppentreibsandsumpf heraus ?
Wie erreiche ich die Motivation von Gloria? Ich will das auch, ich will TOWONDA! rufen und gedünsteten Brokkoli essen und dabei stolz sein!
Tochter redet mir ins Gewissen. Sie will mir einen Shake-Tag verpassen.
Und sie will ja auch etwas weniger werden, wobei erwähnt sei, dass Tochter phantastisch aussieht, sich aber eben nicht so wohl fühlt wie sie gerne möchte.

Mein abendlicher Ablauf müsste geändert werden. Wenn wir gegessen haben verzieht sich Sohn (und Tochter, wenn sie da ist) aufs Zimmer, Papa schläft ein und mein Schweinehund schaltet die Ampel auf grün: jetzt wird genascht. Oder nochmal heimlich eine Portion Essen geholt.
Da sitze ich dann vor Laptop und TV und "belohne" mich, dass ich den Tag überlebt habe.

Es müsste viel geändert werden. Veränderungen kosten Mühe und Konsequenz. Das geht nur, wenn sich der verfluchte Schalter im Hirn bewegt. Ich glaube, er ist eingerostet.

Aber das Datum von Gloria schwebt in meinem Kopf herum und singt Spottlieder.
Näänänänä - nänäää - näää
Angshase Pfeffernase morgen kommt der Osterhase ..


                                                                           .. Osterhase. Hmm Schokoeier!